Ärztemangel

Es gibt ihn, den Ärztemangel, genauer gesagt den Mangel an niedergelassenen Ärzten in ländlichen Regionen. Wer auf dem Land einen Facharzt benötigt, dem kann es passieren, dass er erst in drei Monaten oder sogar noch später einen Termin erhält oder überhaupt nicht.

Es handelt sich nicht um Einzelfälle, wenn Versicherte, die bisher einen bestimmten Facharzt nicht aufgesucht haben, ihn nun aber benötigen, von ihm gar nicht angenommen werden. Was dann? Dann könnten sie ihre Krankenkasse darüber informieren mit dem Ziel, eine Behandlung zu erzwingen. Aber wollen Sie einen Arzt aufsuchen, der Sie nicht behandeln will? Schließlich ist das Verhältnis Arzt-Patient ein Vertrauensverhältnis.

Sollte jedoch ein Versicherter einen Termin erhalten,  dann muss er einen langen Weg bis zur Praxis in Kauf nehmen, da diese in der Regel nicht in der Nähe des Wohnortes des Versicherten, sondern bis 30km entfernt ist. Mit der Wartezeit im Wartezimmer für Kassenpatienten kann der Arztbesuch dann schon fast einen Tag in Anspruch nehmen. Wer kann sich das leisten, wenn er berufstätig ist und um seinen Job bangen muss?

Woran liegt es nun, dass insbesondere Fachärzte auf dem Land rar sind, in der Stadt hingegen nicht? Es ist nicht die Höhe des Einkommen, sondern gerade bei jüngeren Ärzten sind es die Annehmlichkeiten des Stadtlebens, die sich ein Arzt auch leisten kann. Deswegen nützt es auch wenig, Ärzte mit finanziellen Anzeizen wie z.B. einem Zuschuss oder einem Zuschlag zu ködern, damit sie sich in ländlichen Regionen niederlassen,  sondern künftig dürfen Überkapazitäten in städtischen Regionen zu Lasten der ländlichen Regionen nicht mehr zugelassen werden (siehe dazu die Kurzmeldungen). Das ist auch medizinisch sinnvoll, weil die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen mit dem Angebot steigt, obwohl solche Leistungen medizinisch nicht unbedingt notwendig sind. Es handelt sich dabei nämlich um eine angebotsinduzierte Nachfrage, die  allein wegen des Angebots besteht.

Rolf D.Aschenbeck

 

Regionale Engpässe müssen behoben werden(Presseerklärung vdek)

Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) hat die pauschalen Äußerungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zum Ärztemangel zurückgewiesen. „Es gibt keinen generellen Ärztemangel, sondern höchstens regionale Engpässe, die zu beheben sind“, erklärte Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des vdek. Hier seien vor allem die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in den Ländern gefordert, gemeinsam mit den Krankenkassen intelligente Lösungsvorschläge zu entwickeln und die ländlichen Regionen für die Ärzte attraktiv zu machen. „Wer von Unterversorgung redet, sollte auch von den Überkapazitäten vor allem in den Städten reden und die Patienten nicht verunsichern“, so der Vorstandsvorsitzende.

Die Zahl der ambulant tätigen Ärzte ist in den letzten 20 Jahren um 50 Prozent gestiegen (von 92.289 im Jahr 1990 auf 137.538 im Jahr 2007). 89 Prozent aller Planungsbereiche sind überversorgt, zehn Prozent sind regelversorgt. Die meisten Planungskreise sind für Neuniederlassungen gesperrt. In weniger als einem Prozent aller Planungskreise wurde eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung festgestellt.

Vor diesem Hintergrund sei es unverantwortlich, von generellen Engpässen zu sprechen. Vielmehr müsse es darum gehen, Überkapazitäten auf der einen Seite abzubauen und in schlechter versorgte Gebiete umzuleiten. Bereits heute seien entsprechende Steuerungsinstrumente, wie zum Beispiel Zuschläge für unterversorgte und Abschläge für überversorgte Gebiete, im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vorhanden. Diese differenzierten Punktwerte müssten kurzfristig umgesetzt werden, Übergangsfristen, wie die KBV sie fordert, seien nicht zielführend. „Wer Zuschläge für Unterversorgung fordert, muss auch Abschläge bei Überversorgung akzeptieren!“, so Ballast.

Auch im internationalen Vergleich nimmt Deutschland hinsichtlich der Arztdichte eine Position im vorderen Mittelfeld ein. Auf 100.000 Einwohner kommen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 345 Ärzte. Nur in Griechenland (500), Belgien (422) und Italien (365) gibt es mehr Ärzte. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Zahl der Einwohner in Deutschland bis 2050 deutlich zurückgehen. Auch dieser Trend ist bei der Bedarfsplanung zu berücksichtigen. „Wir werden mehr Ärzte brauchen, die sich speziell mit geriatrischen Erkrankungen auskennen. Auch hier muss umgesteuert werden“, so Ballast abschließend.

Kurzmeldungen:

Berlin. Mit einer rigorosen Zulassungsregelung will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den zunehmenden Ärztemangel auf dem Land stoppen. Patientenvertreter und Krankenkassen sollen zusammen mit Medizinern, Krankenhäusern und Ländern festlegen, wo sich Haus- und Fachärzte niederlassen dürfen.(dpa)

Kiel. Der Ärztemangel in Schleswig-Holstein wird auf dem flachen Land zum Problem. Die Städte haben dagegen weit weniger Schwierigkeiten, qualifizierten medizinischen Nachwuchs zu finden. Im Norden fehlen nach Angaben der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein mindestens 150 Ärzte, berichtete shz.de. Insbesondere für junge Mediziner sind Städte wie Kiel weitaus attraktiver als kleinere Orte, bestätigt der Ärzteverband Marburger Bund. Auch gingen viele Mediziner ins Ausland.(dpa)


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