Sparen als Irrsinn

„Wir sind in den Händen von Irren. Oder von verantwortungslosen Zynikern. Oder beides.“ So überschreibt Albrecht Müller seinen Beitrag zur beabsichtigten Verschärfung des Stabilitätspaktes, die eine Änderung des europäischen Grundlagenvertrags erforderte. Dieser Beitrag aus den NachDenkSeiten ist auszugsweise wiedergegeben.


Merkel ist nicht an einer sachlichen Lösung der Probleme in der Eurozone interessiert, sondern an der Popularität ihrer Aktionen und Entscheidungen. Dabei greift sie auch auf miese Aversionen gegen andere Völker zurück. Es ist populär, gegen die Südländer zu polemisieren. Und dabei schrecken manche Politiker auch nicht vor der absurden Vorstellung zurück, man könne ganze Staaten in die Insolvenz treiben.
Interessant ist in diesem Kontext, dass sie diese ihre Vorstellungen an vergleichsweise kleinen Ländern erproben. An den eigentlichen Haushalts- und Schuldensünder, an die USA, wagen sie sich nicht heran. Das zeigt übrigens auch, dass es sich bei den jetzigen Vorstößen um Spielereien und nicht um verantwortungsvolle Politik handelt.

Angela Merkel kann dabei auf ein Netz von gleichgesinnten Irren zurückgreifen. In den Medien. In der Wissenschaft. Bei der Bundesbank. Beispielhaft Bundesbankpräsident Weber. Er hat am 19.5.2010 in einer Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages „die Härtung des bestehenden Regelwerks“ gefordert. Seine Stellungnahme war vom gleichen Geist geprägt, der heute zu den Schwierigkeiten in Europa führt.

Um das, worum es in der Sache gehen müsste, um den Euroraum zu konsolidieren, geht es in den öffentlichen Debatten und in den Vorstößen auf europäischer Ebene schon lange nicht mehr. Dabei wäre eine sachliche Politik zu Gunsten einer Stabilisierung und Weiterentwicklung Europas und der Eurozone gar nicht so schwierig, wenn man zur Sachlichkeit bereit wäre:

  • Wir müssten unsere Wirtschaftspolitik einschließlich der Lohnpolitik besser abstimmen und dazu ent-ideologisieren
  • Wir müssten auf diese Weise die Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen und der Wettbewerbsfähigkeit langsam reduzieren.
  • Wir müssten den Einfluss der Spekulanten auf die Staatsfinanzierung gegen Null bringen. Deren Förderer ist übrigens die deutsche Bundesregierung mit Kanzlerin Merkel an der Spitze. Die Verschärfung der Stabilitätsregeln dient vor allem dem Zweck, diese Herrschaften zu beruhigen und bei Laune zu halten. Statt dessen sollte man ihnen das Handwerk legen. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben einer neuen Politik der Förderung des europäischen Zusammenwachsens.

Wie irrsinnig die Sorge der deutschen Bundeskanzlerin um das Sparen bei uns und bei andern Völkern ist, können Sie auch daran erkennen, dass quantitativ mögliche Sparerfolge in keinerlei Relation zu der Großzügigkeit der Rettungspakete steht, die für die Banken bereitgestellt wurden und werden. Mit einem „gigantischen Sparpaket“ von 80 Milliarden bis zum Jahr 2014, so verkündete die Bundesregierung im Juni soll Deutschland aus der „Schuldenkrise“ kommen. 80 Milliarden. Das klingt gut, selbst wenn es gestreckt ist über drei Jahre. Aber es klingt eben überhaupt nicht gut, wenn man weiß, dass die Bundesregierung alleine im Jahr 2008 und 2009 98 Milliarden für die Rettung von Banken ausgegeben hat.
Diese Zahl – 98 Milliarden in zwei Jahren für die Banken und weitere vermutlich hunderte Milliarden für die Rettung dieser Spekulanten – zeigt deutlich, dass der gesamte Sparkurs der Bundesregierung Schall und Rauch ist. Es ist nicht ernst gemeint. Es wird spekuliert darauf, dass die Mehrheit des Volkes und auch die Multiplikatoren die Relationen nicht kennen.

Der Irrsinn ist nicht beschränkt auf das Thema Sparen und Stabilisierung des Euroraums. Es gilt auch für Stuttgart 21 und für den Umgang mit der Kernenergie und den Umgang mit den zugewanderten Menschen und so weiter.

EU-Gipfel: Abfuhr für Merkel und Sarkozy

Brüssel (dpa) – Abfuhr für Deutschland und Frankreich beim EU-Gipfel: Ein Stimmrechtsentzug für Euro-Schuldensünder findet keine Mehrheit. Selbst im eigenen Lager – bei den europäischen Konservativen – war der Widerstand für den Vorstoß von Kanzlerin Angela Merkel und Staatschef Nicolas Sarkozy groß.

Die Sozialdemokraten lehnten die Idee ohnehin strikt ab. Allerdings dürfte sich Merkel mit der Forderung nach einem ständigen Rettungsschirm für pleitebedrohte Euro-Staaten durchsetzen, wie Diplomaten am Donnerstag sagten.

Merkel und Sarkozy hatten im Alleingang den Stimmrechtsentzug ins Spiel gebracht. Dagegen machten zahlreiche EU-Staaten unter Führung Luxemburgs mobil.

 

 


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